Er selbst beschreibt sich als leidenschaftlichen Hobby-Koch und als ökonomisch denkenden Menschen: Dr. Benjamin Amshoff leitete bei einem führenden Gerätehersteller mehrere Länderteams in der Entwicklung von Robotern. Ende 2024 hat er mit großem Erfolg die Vegane Fleischerei in Hamburg eröffnet. Und dazwischen gab es noch Veganuary. Welche Rolle der pflanzliche Neujahrsvorsatz für ihn gespielt hat, erzählt der promovierte Maschinenbauer im Interview.
Du hast 2022 am Veganuary teilgenommen. Was waren deine Beweggründe, es vegan zu probieren? Und warum mit Veganuary?
„Ich koche wahnsinnig gern und mein Herz schlug schon damals für vegane Kulinarik. Komplett vegan war ich zu dem Zeitpunkt noch nicht – wollte es aber werden. Es fehlt der pflanzlichen Küche einfach an nichts, im Gegenteil, ich finde sie vielfältiger. Vielen ist nicht bewusst, dass und wie sich Gemüse richtig gut zubereiten lässt. Dabei lohnt es sich, es nicht als Beilage auf dem Teller zu verstehen, sondern ins Zentrum zu rücken. Dass ich mit Veganuary vegan werde, war für mich gewissermaßen alternativlos. Die Challenge ist ja so bekannt, da war das ganz klar.“
Wie hast du deinen persönlichen Veganuary erlebt? Welche Erfahrungen hast du während der Challenge gemacht?
„Für mich persönlich war das größte Learning: Es ist supereinfach. Natürlich hatte ich einen Startvorteil, weil ich mich schon zuvor mit der pflanzlichen Küche auseinandergesetzt hatte. Ich habe mich im Veganuary inspirieren lassen, hatte Spaß daran, Rezepte zu perfektionieren und verschiedene Kochtechniken auszuprobieren und zu nutzen.“
Seit der Challenge hat sich in deinem Leben einiges verändert: Noch vor Kurzem hast du Roboter entwickelt, heute setzt du als veganer Fleischer auf die Zukunft. Wie kam’s dazu?
„Als nun komplett veganer Hobbykoch habe ich mich mehr und mehr damit auseinandergesetzt, was es bedeutet, mich modern zu ernähren und zu kochen – und festgestellt, dass das nicht nur allen schmeckt, sondern wirklich eine Leidenschaft von mir ist, die immer größer wird. Hinzu kam die Sehnsucht nach beruflicher Veränderung: Mein Leben lang im selben Beruf zu bleiben, kam mir langweilig vor. Und von dort aus haben sich erste Gedanken gesponnen. Ich bin aber ein sehr ökonomisch denkender Mensch, also brauchte es ein handfestes Konzept. Als mich die Vegane Fleischerei in Dresden dann gefragt hat, ob ich eine sechste Filiale in Hamburg eröffnen möchte, kam das genau richtig.“
Warum gerade Fleischalternativen? Warum sind sie aus deiner Sicht so wichtig?
„In der deutschen Küche gehört der Geschmack von Fleisch dazu. Oft liegt in der Mitte des Tellers ein Stück Fleisch, daneben das Gemüse. Die meisten Menschen sind traditionell genau so geprägt worden, deshalb sind Fleischalternativen für viele so wichtig. Ich selbst habe zu Beginn gar keine Fleischalternativen gegessen. Erst als ich aus Neugierde probiert habe, stellte ich fest, wie gut sie mir schmecken. Wichtig ist mir dabei eine gute Qualität – wir sind eine Manufaktur, unsere Produkte stellen wir selbst her.“
Wer kommt denn so in deinen Laden? Sprichst du eine bestimmte Zielgruppe an?
„Unsere Zielgruppe ist komplett gemischt. Es kommen viele Schüler:innen und Studierende, gerade bei der jungen Generation ist klimafreundliches Essen schon so verankert, dass es selbstverständlich ist, zu Pflanzenfleisch zu greifen. Ein großer Teil unserer Kund:innen sind junge Familien: Sie wollen ihre Kinder mit Alternativen zu tierischem Fleisch großziehen. Auch Menschen mittleren und höheren Alters kaufen bei uns ein – und zwar mehr als man denken mag. Die Aufgeschlossenheit ist groß und Qualität spielt für diese Generation eine große Rolle.“
Und was geht da in deiner Veganen Fleischerei am häufigsten über die Ladentheke?
„Ich glaube, wer zum ersten Mal da ist, nimmt sich ein Leberkäsbrötchen mit auf die Hand, das gehört einfach dazu. Dann kommt das Pastrami-Sandwich supergut an. Und hier in Hamburg ganz besonders beliebt ist unser Blauschimmelkäse, der ist natürlich auch extrem lecker [lacht]. Der Backfisch geht außerdem noch richtig gut weg, den haben wir extra für Hamburg entwickelt. Schön mit Remoulade und einem Spritzer Zitrone drauf, ist der superlecker im Brötchen. Und die geräucherte Salami kommt sehr gut an.“
Was sind deine Top-Tipps bei der Zubereitung von pflanzlichen Fleischprodukten?
„Am besten man orientiert sich an klassischen, einfachen Gerichten und gewohnten Kombinationen, zum Beispiel Bratwurst mit Kartoffelsalat. Oft hilft dabei die Frage: ,Was habe ich sonst zubereitet, welche Beilagen hätte ich gewählt?‘ So bleibt es zum Beispiel bei Leberkäse mit Kartoffelstampf und Röstzwiebeln, nur eben vegan. Für die Zubereitung sind deftig-rauchige Röstaromen sehr wichtig, die bekommt man gut auf dem Grill oder in der Pfanne mit Röstzwiebeln hin. Marinade sorgt für würzigen Geschmack. Und wenn es ums Veredeln von Bratensaucen geht, binde ich am liebsten mit Mandelmus ab. Oft braucht es auch gar kein ausgeklügeltes Gericht – eine Vesperplatte mit Käse und Wurst lässt sich ganz einfach pflanzlich anrichten.“
Was rätst du Menschen, die ein veganes Unternehmen gründen möchten?
„Mir war es wichtig, ökonomische und ethische Anforderungen in Einklang zu bringen. Die Idee muss aber bei allen ankommen und unterschiedliche Motivatoren bedienen, zum Beispiel Tierschutz und Klimaschutz. Es bringt nichts, nur überzeugte Veganer:innen anzusprechen – die Zielgruppe sollte breit sein. Ich persönlich finde, es steht uns als Bewegung gut, wenn wir nicht belehrend sind. Wenn wir zeigen, wie einfach es ist, sich pflanzlich zu ernähren, gewinnen wir mehr. Das sollte sich auch in der Kommunikation widerspiegeln.“
Hast du noch ein paar Ratschläge, wie der persönliche Veganuary-Neujahrsvorsatz gelingt?
„Nutzt einen Meal Plan für die erste Woche. Ich hatte zu Beginn eine mentale Schranke im Kopf und dachte, vegan sei total kompliziert. Zu planen, was ich in den ersten Tagen zum Frühstück, zu Mittag und zu Abend essen werde, hat mir geholfen, zu erkennen, dass es gar nicht schwer ist. Dabei hilft auch oft die Frage: ,Was hätte ich denn sonst gegessen? Und wie kann ich das am einfachsten veganisieren?‘ Die Routine kommt dann ganz schnell. In der zweiten Woche könnt ihr euch bereits mit neuen veganen Rezepten auseinandersetzen, ein wenig experimentieren. Versteht dabei Veganuary als eine Challenge – und die soll Spaß machen. Und nehmt es nicht zu ernst, seid nicht zu streng mit euch, genießt es, Neues zu entdecken und seid neugierig.“