Was ist kultiviertes Fleisch?

Kultiviertes Fleisch – oft auch Clean Meat genannt – ist zwar noch nicht im Handel erhältlich, aber doch schon ein wenig in aller Munde. Denn es wird heiß als „Fleisch der Zukunft“ diskutiert und gilt als bahnbrechende Entwicklung. Doch was genau ist kultiviertes Fleisch überhaupt? Wie wird es hergestellt? Und ist es vegan? Hier beantworten wir wichtige Fragen.

Was ist KultIViertes Fleisch?

Kultiviertes Fleisch besteht aus dem gleichen Zellgewebe wie herkömmliches Fleisch, doch es stammt nicht von landwirtschaftlich gehaltenen und geschlachteten Tieren. Stattdessen werden nur einige tierische Zellen auf ein Nährmedium gegeben. In einem Inkubator vermehren sich diese Zellkulturen schnell und wachsen zu Muskelgewebe heran. Das klingt hochtechnisch und nach Labor, weswegen kultiviertes Fleisch neben Clean Meat oder Kunst-Fleisch auch In-vitro-Fleisch genannt wird. Tatsächlich aber hat das Verfahren viel mit Bierbrauen gemein oder auch der Herstellung von Brot mithilfe von Hefekulturen.

Auf diese Art entsteht ein essbares Produkt, das sich genauso zubereiten lässt und aussieht und schmeckt wie „echtes“ Fleisch. Biologisch gesehen ist es das ja auch – der Hauptunterschied besteht darin, dass kein Tier dafür sterben musste. Zwar spielen Tiere auch in diesem Herstellungsprozess noch eine gewisse Rolle, jedoch in viel geringerem Umfang.

Die ersten Zellen, durch die der Herstellungsprozess in Gang gesetzt werden kann, stammen von lebenden Tieren. Mittels einer Biopsie wird ihnen ein kleines Stückchen Gewebe etwa in der Größe eines Pfefferkorns entnommen. Auch die Entnahme von Zellen aus einer Feder ist beispielsweise möglich. Es ist also nicht nötig, für diese Zellgewinnung ein Tier zu töten. Tatsächlich stammten die Zellen, mit denen das erste frei verkäufliche Clean Meat entwickelt wurde – Chicken Nuggets von Eat Just, die aktuell in Singapur auf dem Markt sind – von einer Feder, die ein Huhn auf natürliche Weise verloren hatte. Das Huhn Ian konnte anschließend noch bis ans Ende seiner Tage auf einem Lebenshof leben.

Nur ein paar wenige Zellen sind nötig, um die Nachbildung von Fleisch zu starten. Aus der pfefferkorngroßen Probe können so bis zu 88.000 Burgerpatties entstehen – die Anzahl der benötigten Tiere für Zellentnahmen ist dadurch sehr gering. Teilweise wird Clean Meat allerdings mithilfe eines tierischen Nährmediums kultiviert: dem fötalen Kälberserum, gewonnen aus dem Blut von Kälberföten. Mittlerweile gibt es jedoch auch dafür pflanzliche Alternativen. Eat Just kultiviert Hühnerzellen auf pflanzlichem Nährstoffmedium. Genauso wie beispielsweise Mosa Meat und Aleph Farms, die jeweils kultiviertes Rindfleisch züchten.

IST KULTIVIERTES FLEISCH VEGAN?

Weil es sich bei kultiviertem Fleisch um tierisches Gewebe handelt, ist es nicht im eigentlichen Sinne vegan. Dennoch kann es für Menschen, die sich vegan ernähren, um kein Tierleid zu verursachen, eine Option sein, wenn bei der Produktion aus ihrer Sicht keine Tiere zu Schaden kommen. Auch für diejenigen, die sich aus Gründen des Umweltschutzes für eine vegane Ernährung entscheiden, kann das sogenannte Laborfleisch infrage kommen. Denn seine Herstellung hat wesentlich weniger negative Auswirkungen auf unseren Planeten als die konventionelle Tierhaltung.

Zwar enthält Clean Meat wie jedes andere tierische Gewebe gesättigte Fette, Cholesterin und andere Bestandteile, die sich auch im Fleisch geschlachteter Tiere finden. Deswegen bringt es nicht unbedingt die gleichen gesundheitlichen Vorteile mit sich wie eine vollwertige pflanzliche Ernährung. Doch Clean Meat bietet im Hinblick auf die menschliche Gesundheit einen anderen Vorteil: Der saubere Herstellungsprozess und die Tatsache, dass keine Massentierhaltung notwendig ist, würden die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Pandemien verringern – eines der großen Risiken, die eine konventionelle Fleischproduktion mit sich bringt.

SOLLTEN VEGANERINNEN UND VEGANER CLEAN MEAT UNTERSTÜTZEN?

Ja! Aus unserer Sicht ist kultiviertes Fleisch unterstützenswert – denn es reduziert Tierleid und schont die Ressourcen unseres Planeten.

Zwar wird die vegane Bewegung immer beliebter und gewinnt kontinuierlich an Zulauf, aber die Mehrzahl der Menschen isst leider auch heute noch Fleisch. Zugleich wächst die Weltbevölkerung, sodass auch der Fleisch- und Milchkonsum weiter steigt. Viele Menschen möchten nicht auf Fleisch verzichten, selbst wenn sie von den grausamen Zuständen in der Massentierhaltung und den damit verbundenen Umweltbelastungen wissen. Clean Meat könnte ihnen den Wunsch nach Fleisch auf dem Teller erfüllen, ohne dass massenhaft Tiere gehalten und geschlachtet werden müssen.

Wissenschaftliche Studien legen außerdem nahe, dass Clean Meat im Hinblick auf Klimawandel und Umweltschutz gegenüber konventioneller Fleischproduktion gigantische Vorteile hat:

Eine Studie der Universität Oxford und der Universität Amsterdam zeigte, dass kultiviertes Fleisch im Vergleich zu seinem konventionellen Pendant das Potenzial hat …

  • bis zu 96 Prozent weniger umweltrelevante Emissionen zu verursachen
  • bis zu 45 Prozent weniger Energie zu benötigen
  • bis zu 99 Prozent weniger Land zu beanspruchen
  • bis zu 96 Prozent weniger Wasser zu verbrauchen


Unsere Vision bei Veganuary ist eine Welt ohne industrielle Tierhaltung und Schlachthöfe. Eine Welt, in der die Nahrungsmittelproduktion keine Wälder zerstört, Flüsse und Ozeane verschmutzt, den Klimawandel verschärft und zum Aussterben von Wildtierpopulationen beiträgt. Kultiviertes Fleisch kann eine entscheidende Rolle dabei spielen, diese Vision Wirklichkeit werden zu lassen. Für die Milliarden von Tieren, die jedes Jahr in der Fleischindustrie leiden und sterben, und für unseren Planeten, der kurz vor einem Kollaps steht, kann diese Vision nicht schnell genug Realität werden.

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