Die Diskussionen rund um unsere Ernährung und ihre Auswirkungen auf das Klima drehen sich meist vor allem um die Haltung von Kühen oder den Sojaanbau. Fische gelten häufig noch als eine umweltschonendere Alternative auf dem Speiseplan. Der menschliche Fischkonsum – egal, ob der von Fischen aus Meeresfängen oder aus Aquakulturen – trägt aber maßgeblich zu klimaschädlichen Emissionen bei.
Rekordverdächtige Emissionen
Die Ozeane sind echte Klimaschützer: Jedes Jahr absorbieren sie etwa ein Viertel der globalen CO2-Emissionen. Ökosysteme wie Seegraswiesen und Mangroven- oder Seetangwälder binden viel Kohlenstoff – doch sie werden in rasantem Tempo durch industrielle Fangmethoden oder Aquakulturen zerstört.
Das größte Problem ist allerdings die Grundschleppnetzfischerei. Der Meeresboden ist ein wichtiger Kohlenstoffdioxidspeicher, eine sogenannte Kohlenstoffsenke. Er wird von den riesigen Grundschleppnetzen der industriellen Fangflotten umgegraben. Dabei werden Unmengen an CO2 freigesetzt. Und wenn die Ozeane so mit Kohlenstoff aus dem Meeresboden gesättigt werden, können sie keins aus der Atmosphäre mehr aufnehmen.
Eine Studie aus dem Jahr 2024 geht davon aus, dass von 1996 bis 2020 gewaltige 8,5 bis 9,2 Milliarden Tonnen CO2 durch die Grundschleppnetzfischerei in die Atmosphäre gelangt sind. Die Forschenden fanden außerdem heraus, dass 55 bis 60 % des so freigesetzten CO2 innerhalb von neun Jahren in der Atmosphäre landet. Eine weitere Studie, die 2021 veröffentlicht wurde, berechnete, dass die Grundschleppnetzfischerei jährlich für etwa eine Gigatonne CO2 verantwortlich ist – das sind mehr als alle Emissionen der Flugindustrie zusammen.
Wale als Klimaschützer
Die Netze, die von den Trawlern mitgeschleppt werden, sind riesig – einige sind so groß, dass zehn Jumbo-Jets hineinpassen würden. Kein Wunder, dass diese Giganten alles mitnehmen, was nicht niet- und nagelfest ist: Auch Walen, Delfinen, Haien und Tümmlern werden sie zum Verhängnis. Das ist nicht nur tragisch, sondern auch relevant für unser Klima: Laut eines Berichts des Internationalen Währungsfonds ist der Schutz großer Meerestiere noch wichtiger als der von Bäumen. Denn während ihres langen Lebens speichern sie viel Kohlenstoff in ihrem Körper. Wird dieses Leben unnütz verkürzt, entwickelt sich daraus ein echtes Klimaproblem. Wissenschaftler:innen sprechen aufgrund der verheerenden Schäden, die zerstörerische Praktiken wie die Grundschleppnetzfischerei verursachen, von „mariner Waldrodung“.
Aquakultur und ihre Emissionen
Fragst du dich, ob die Fischzucht in Aquakulturen nicht eine nachhaltige Alternative zur Meeresfischerei sein könnte? Diese Annahme ist super verlockend, aber leider nicht ganz richtig: Auch Aquakulturen tragen zur Meeresfischerei bei. Denn wir Menschen mögen besonders gerne Fische auf unseren Tellern, die Fleischfresser sind – zum Beispiel Lachs, Forelle oder Kabeljau. Diese Fische werden in der Zucht mit Fischmehl gefüttert. Und das Fischmehl wird aus kleineren Tieren produziert, die – du ahnst es – aus der Meeresfischerei stammen. Darum hat beispielweise Zuchtlachs einen größeren ökologischen Fußabdruck als Hühnerfleisch und verursacht pro Kilo Lachs mehr als 4 Kilogramm CO2-Äquivalente.
Der Forscher Joseph Poore führte eine großangelegte Studie zu den Umweltauswirkungen verschiedener Lebensmittel durch. Selbst er war überrascht über das Ausmaß der Emissionen aus der Süßwasserfischzucht, die 96 Prozent der Fische für den europäischen Markt liefert: „Die Ausscheidungen der Fische und nicht gefressenes Futter lagert sich auf dem Grund der Zuchtbecken ab, wo es kaum Sauerstoff gibt – die perfekten Voraussetzungen für die Entstehung von Methan.“ Methan ist ein extrem klimarelevantes Treibhausgas.
Dennoch stammt etwa die Hälfte der zurzeit konsumierten Fische aus solchen Zuchtfarmen. Wie andere Tiere in Massentierhaltung leiden auch sie unter der Enge, sich ausbreitenden Krankheiten und Stress, der zu Verhaltensproblemen führt. Darum bekommen eine Reihe von Medikamenten, um sie zumindest einigermaßen gesund zu halten. Durch Wasserkreisläufe gelangen Rückstände dieser Medikamente jedoch in natürliche Gewässer – zusammen mit Krankheitserregern und Parasiten. Das kann große Schäden an lokalen Ökosystemen verursachen.
Oft muss die örtliche Natur den Aquakulturen auch Platz machen: Zum Beispiel in Thailand, wo ein Großteil der weltweit konsumierten Garnelen gezüchtet wird. Hier gehen die jüngsten Verluste von Mangrovenwälder zu 38 Prozent auf das Konto von Garnelenfarmen. Dabei sind Mangrovenwälder wichtig für die biologische Vielfalt und gebieten dem Klimawandel Einhalt – wenn sie in einem gesunden Zustand sind. In den letzten 40 Jahren ist jedoch ein Viertel aller Mangrovenwälder verloren gegangen.
Alles andere als nachhaltig
Das massenhafte Fangen von Fischen und anderen Meeresbewohnern bedroht nicht nur die Tiere selbst – es schädigt auch ihren Lebensraum und bringt Ökosysteme in Gefahr. Der Rückgang ganzer Fischpopulationen gefährdet auch jene Arten, die auf sie als Nahrungsquelle angewiesen sind. Im Gegensatz dazu vermehren sich die Tiere, die von ihnen bejagt werden würden – das bringt das fein ausbalancierte Gleichgewicht der Weltmeere und unseres Planeten durcheinander.
Die Meeresbiologin Dr. Sylvia Earle sagt: „Ich habe lange Zeit intensiv und ernsthaft versucht, ein Beispiel zu finden, bei dem eine großflächige Entnahme von Wildtieren aus ihrem natürlichen Lebensraum nachhaltig ist. Sowas gibt es einfach nicht.“ Bis zu 50 Prozent der gefährdeten marinen Lebensräume sind aufgrund der Industrialisierung durch den Menschen bereits verloren gegangen.
Hinzu kommen noch die verheerenden Schäden am Meeresboden, an Tiefseebergen und Korallenriffen und die Plastikverschmutzung unserer Meere, die zu einem Großteil durch die industrielle Fischerei und ihre Fangutensilien verursacht wird.
Sich die Auswirkungen des menschlichen Fischkonsums so vor Augen zu führen, kann ganz schön ernüchternd sein. Doch zum Glück gibt es mittlerweile zahlreiche pflanzliche Alternativen zu Fischprodukten! So kannst du ganz einfach einen Teil zum Schutz der Tiere und der Ozeane beitragen. Noch mehr Infos und Inspiration bietet übrigens die #VeganuaryFishWeek.