Faktencheck: Ernährungssoziologin kommentiert fünf Thesen zum Veganismus

Dr. Pamela Kerschke-Risch ist Ernährungssoziologin an der Universität Hamburg. Sie erforscht vegane Ernährung und weiß, was Entscheidungen über unsere Ernährung beeinflusst, wo Veganismus gestern, heute und morgen gesellschaftlich steht – und dass das Bewusstsein für die vielfältigen Gründe für eine pflanzliche Ernährung wächst. Warum die junge Generation eine Schlüsselrolle dabei spielt und warum „normale Milch“ bald nicht mehr Kuhmilch meinen muss, erfahrt ihr in diesem Faktencheck. 

These 1: Vegane Ernährung ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. 

Dr. Pamela Kerschke-Risch: „Die frühe vegane Bewegung war ja eine ausschließlich tierrechtliche, eine Bewegung des politischen Protests. Heute sind die Gründe, warum sich Menschen für eine vegane Ernährung oder ein veganes Leben entscheiden, vielfältig – und pflanzliche Ernährung gesellschaftlich akzeptiert. Das strahlt auch in andere Bereiche aus, vor allem in die Wirtschaft – und von dort aus wiederum zurück in weite Teile der Gesellschaft.“ 

These 2: Klimaschutz sowie die eigene Gesundheit zählen neben Tierschutz zu den beiden größten Motiven beim Einstieg in die pflanzliche Ernährung – und das Bewusstsein dafür wächst. 

„Medizinische Studien zeigen zur Genüge die positiven Auswirkungen einer pflanzlichen Ernährung auf die Gesundheit und belegen beispielsweise, dass sie Zivilisationskrankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Adipositas entgegenwirkt – das wird zunehmend anerkannt. Das Bewusstsein für lokale und globale Umweltprobleme, die durch die Tierindustrie entstehen, wächst – und das mit guten Gründen: Zum Beispiel benötigt die Produktion tierischer Lebensmittel viel mehr Energie als die pflanzlicher Lebensmittel. Für die Futtermittelherstellung wird zum Beispiel auch Regenwald im Amazonasgebiet in fatalem Ausmaß gerodet.“ 

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These 3: Die Offenheit junger Menschen gegenüber veganer Ernährung beeinflusst alle Generationen positiv.  

„Ernährungsgewohnheiten sind sozialisationsbedingt. Wir ändern in der Regel unser Verhalten und unsere Normen nur dann, wenn ein Problem auftritt, wenn uns etwas Anlass zum Zweifeln gibt. Je länger die Lebensspanne, über die hinweg eine fleischlastige Ernährung praktiziert wird, desto weniger wird diese Gewohnheit infrage gestellt – häufig noch nicht einmal, wenn ernährungsbedingt gesundheitliche Probleme auftreten.  

Die jüngere Generation – denken wir an Pubertierende – stellt im Allgemeinen sehr viel infrage. Hinzu kommt, dass sie ein sehr viel größeres Interesse am Klimawandel hat, er betrifft sie schließlich direkt, sie erlebt ihn hautnah mit. Entsprechend sind Motivation und Problembewusstsein höher. Angrenzende Themenfelder wie Massentierhaltung und das globale Ernährungssystem sind dann innerhalb der Peergroup präsenter – und werden unter anderem in den Sozialen Medien verstärkt diskutiert.  

Je mehr Menschen eine bestimmte Ernährungsform praktizieren, desto weniger fremd mutet sie an – und hier nehmen junge Menschen durchaus generationenübergreifend Einfluss auf gesellschaftliche Normen im Hinblick auf Ernährung.“ 

These 4: Berührungspunkte im Alltag sind ausschlaggebend für veränderte Essgewohnheiten.  

„Nehmen wir Universitäten und andere Ausbildungsstätten als Beispiel: Sie funktionieren wie ein Katalysator – junge Menschen mit unterschiedlichsten Hintergründen, Motivlagen und Interessen treffen hier aufeinander und tragen neu gewonnene Perspektiven in verschiedene Lebens- und Gesellschaftsbereiche. Das gilt auch für die Ernährung: Ist es in ihrem Alltag als Studierende selbstverständlich, in der Mensa pflanzliche Angebote und deren Vorteile – zum Beispiel für das Klima – wahrzunehmen, wird es das auch später im Berufs- und Privatleben sein.“ 

These 5: Die Wirtschaft ist ein effektiver Hebel, um eine pflanzliche Ernährungswende gesamtgesellschaftlich voranzutreiben. 

„Preis und Geschmack zählen zu den wichtigsten Entscheidungskriterien bei der Wahl von Lebensmitteln. Wenn beispielsweise im Discounter die preisliche Hemmschwelle für pflanzliche Alternativen niedrig ist, motiviert das zum Kauf. Auch Restaurants oder Cafés können auf unsere Gewohnheiten Einfluss nehmen: Wird der Milchkaffee beispielsweise standardmäßig mit pflanzlicher statt tierischer Milch und ohne Aufpreis angeboten oder muss das Fleisch auf dem Burger extra oder mit Aufpreis bestellt werden – und nicht umgekehrt der vegane Patty – verändert sich mit der Zeit auch die Wahrnehmung dessen, was als ,normal‘ gilt.“ 

Wir bedanken uns bei Dr. Pamela Kerschke-Risch für das Teilen ihrer Expertise.

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