Fühlen Hummer und Krebse Schmerz?

Fühlen Hummer Schmerz? Und was müssen Krebse erleiden, bevor sie auf dem Teller landen? Wir werfen einen Blick auf das Gefühlsleben von Krebstieren, die für die Lebensmittelindustrie gefangen werden. 

Homarus gammarus European Lobster. "Do lobsters feel pain?" is a question commonly asked and has been hotly contested.
Europäische Hummer sind eigentlich blau. Erst durch kochendes Wasser verfärbt sich ihr Panzer rot. © AdobeStock 

Jüngste Studien belegen, dass Hummer und andere Krebstiere ein Nervensystem haben und somit Schmerz empfinden können. Ein Grund mehr, das Geschäft mit Meerestieren infrage zu stellen.  

Lebendig gekocht, aufgeschnitten oder auf andere Weise verstümmelt: Hummer und andere Krebstiere erleiden unvorstellbare Qualen, bevor der Mensch sie verspeist. Obwohl weltweit schier unzählige Krebstiere gefangen werden, gibt es kaum Gesetze zu ihrem Schutz. Der Europäische Hummer, der im Nordostatlantik lebt und so auch in der Nordsee beheimatet ist, ist auf der Roten Liste gefährdeter Arten Deutschlands als stark gefährdet eingestuft.1

Wie werden Hummer gefangen?

Hummer, Krebse oder Langusten werden mit Ködern in spezielle Korbreusen gelockt. Einmal durch den trichterförmigen Eingang gekrochen, gibt es für die Tiere kein Entkommen. Nur wer klein genug ist, um durch die Korbmaschen zu schlüpfen, kann ins Meer zurückkehren. 

Die Reusen werden auf dem Meeresboden ausgebracht und bleiben einige Stunden bis hin zu mehreren Tagen dort liegen, bevor sie von den Fischerbooten wieder eingeholt werden. 

Crab and lobster pots used to catch crustaceans in the sea
In solchen Korbreusen werden Krebstiere gefangen. © AdobeStock 

Es werden so unvorstellbar viele Krebstiere für den menschlichen Konsum gezüchtet und gefangen, dass ihre Anzahl nur in Tonnen und nicht in individuellen Tieren bemessen wird: Die deutsche Hochseefischerei hat im Jahr 2021 über 8.000 Tonnen Krebse und Garnelen in inländischen Häfen an Land gebracht.2

Auch in Aquakulturen werden sie gezüchtet: Im Jahr 2020 waren es weltweit 11 Millionen Tonnen.3 Für unsere Umwelt, die Meere und die Artenvielfalt eine immense Belastung. 

Erfahre mehr darüber, wie industrielle Fangmethoden unsere Meere zerstören. 

Wie werden Krebstiere transportiert und gelagert?

Für Krebstiere wie Hummer, Krabben oder Garnelen sind Transport und Lagerung eine Tortur. Sie reagieren äußerst empfindlich auf Temperaturschwankungen und leiden außerhalb des Wassers. 

Während des Transports sind sie zusammen mit vielen anderen Tieren in Wasserbehälter oder enge Kisten gepfercht. Für die Einzelgänger, die den weiten Raum des Meeres gewohnt sind und dort ihr Territorium verteidigen, ist das eine äußerst belastende Situation. Und die führt häufig zu gravierenden Verletzungen oder sogar zu Schlimmerem: Die Tiere, die sich im unteren Teil der überfüllten Behälter befinden, verlieren häufig Gliedmaßen. Außerdem ist die Wasserqualität in den Behältern oft so schlecht, dass die Tiere Gefahr laufen, zu ersticken.4

Der traumatische Transport läuft nicht nur den natürlichen Verhaltensweisen der Tiere zuwider: Währenddessen leiden sie zusätzlich an Hunger und Dehydrierung. 

Krebstieren werden während der Lagerung die Scheren zusammengebunden. Das schränkt ihre Bewegungsfreiheit stark ein und die Muskeln bilden sich zurück. Einige Arten wie zum Beispiel Hummer dürfen unter diesen Bedingungen sogar monatelang gelagert werden.5

Taschenkrebse versorgen ihre Wunden

In vielen Fischereigebieten rund um den Globus ist es eine gängige Methode, bestimmten Krebsarten wie zum Beispiel Taschenkrebsen die Scheren bei lebendigem Leib auszureißen.6

Anschließend werden die verstümmelten Tiere wieder ins Wasser geworfen, denn die Gliedmaßen können nachwachsen. Die Krebsscheren gelten als Delikatesse – für die Tiere bedeutet diese Praxis Schmerz und Stress, viele sterben an den Folgen:7,8

Ohne ihre Scheren können sie Nahrung schlechter aufnehmen und sich nicht ausreichend gegen Fressfeinde oder Rivalen verteidigen.  

Studien9 zeigen, dass sich Taschenkrebse, denen die Scheren entfernt wurden, ihrer Wunden bewusst sind. Sie versuchen, die Verletzung zu versorgen – ein Beweis dafür, dass Krebstiere Schmerzen empfinden.

Cancer Pagarus - Common brown crab
Taschenkrebse müssen vor allem für ihre Scheren leiden. © AdobeStock 

Haben Hummer Schmerzen, wenn sie bei lebendigem Leib gekocht werden? 

Forschungen belegen, dass Krebstiere wie Hummer reflexartig auf unangenehme Reize reagieren, die ihnen potenziell schaden können. Wissenschaftler:innen nennen das Nozizeption, zu Deutsch: Schmerzwahrnehmung. Und Hummer produzieren das Hormon Cortisol – wie wir Menschen, wenn wir verletzt sind oder Schmerzen haben.10

Es gibt also zahlreiche Beweise dafür, dass Hummer und andere Krebstiere Schmerzen empfinden. Höchste Zeit, sie – genau wie Wirbeltiere – als empfindungsfähige Lebewesen anzusehen. 

Doch die Methoden, mit denen wir Menschen Krebstiere töten, sind grausam: Hummer werden in den meisten Fällen lebend in einen Topf mit kochendem Wasser geworfen. Dabei zucken sie mit ihren Schwänzen und versuchen verzweifelt zu entkommen. Dieses Verhalten zeigt eindeutig, wie schmerzhaft dieser schreckliche Tod für die Tiere ist. Bis zu drei Minuten und 13 Sekunden kämpfen sie dabei ums Überleben.11

Es gibt andere Methoden, Hummer zu töten, die als „humaner“ erachtet werden: Zum Beispiel werden sie eingefroren oder unter Betäubung gekocht. In unseren Nachbarländern – der Schweiz und in Österreich – ist es verboten, Krebstiere ohne Betäubung zu kochen. Doch die einzig humane Lösung wäre, die faszinierenden Tiere einfach in Ruhe in ihren Heimatgewässern leben zu lassen.

Krabben erinnern sich an schmerzhafte Erfahrungen 

Und es gibt noch mehr Studien, die eine komplexe Schmerzwahrnehmung bei Krebstieren beobachten konnten: In einem Experiment12 richteten Forscher:innen zwei Unterschlüpfe für Strandkrabben ein – in einem versetzten sie den Krabben einen elektrischen Schlag, im zweiten Unterschlupf gab es keinen negativen Reiz.  

Die Wisssenschaftler:innen stellten fest, dass die Krabben den sicheren Unterschlupf bevorzugten. Der Rückschluss: Krabben reagieren nicht nur auf negative Reize, sondern erinnern sich an schmerzhafte Erfahrungen und vermeiden sie künftig. 

Welche Alternativen gibt es? 

Ganz klar ist: Fische empfinden Schmerz, ebenso wie andere Wassertiere, einschließlich Krebstiere. 

Krebstiere sind faszinierende Tiere mit einzigartigen Verhaltensweisen. Wusstest du zum Beispiel, dass Krebse sich mit winkenden Scheren verständigen können? Und dass Garnelen eine Persönlichkeit haben? Oder dass Hummer bis zu 100 Jahre alt werden können? All diese wunderbaren Tiere möchten ihr Leben in ihren Heimatgewässern führen, anstatt gefangen und als Delikatesse verkauft zu werden. 

Du schützt sie ganz einfach, indem du dich für pflanzliche Alternativprodukte entscheidest – und das Angebot wächst und wächst. Es war noch nie so einfach, leckere Alternativen zu finden. Und in der Küche sind dir bei der Zubereitung von Sushi-Sandwiches, Karottenlachs, veganem Thunfisch-Nudelauflauf und vielem mehr keine Grenzen gesetzt. 

Mit unserer Kampagne #VeganuaryFishWeek unterstützen wir dich dabei, pflanzliche Alternativen zu Fisch und anderen Meerestieren zu entdecken! 

Quellen

1. Rote Liste Zentrum, Artensteckbrief Homarus gammarus (L., 1758) [aufgerufen: Juni 2023].

2. Fisch-Informationszentrum e. V, Fischwirtschaft – Daten und Fakten 2022, 2022 [aufgerufen: Juni 2023]. 

3. www.aquakulturinfo.de/aquakultur-zahlen [aufgerufen: Juni 2023].

4. Barrento, S., Marques, A., Vaz-Pires, P. und Nunes, M.L. (2010), Live shipment of immersed crabs Cancer pagurus from England to Portugal and recovery in stocking tanks: stress parameter characterization, ICES Journal of Marine Science, 67(3), S.435–443 [aufgerufen: Juni 2023]. 

5. Esposito, G., Nucera, D. und Meloni, D. (2018), Retail Stores Policies for Marketing of Lobsters in Sardinia (Italy) as Influenced by Different Practices Related to Animal Welfare and Product Quality, Foods, 7(7), S.103 [aufgerufen: Juni 2023].

6. Patterson, L., Dick, J.T.A. und Elwood, R.W. (2009), Claw removal and feeding ability in the edible crab, Cancer pagurus: Implications for fishery practice, Applied Animal Behaviour Science, 116(2-4), S.302–305 [aufgerufen: Juni 2023].

7. Davis, G.E., Baughman, D.S., Chapman, J.D., MacArthur, D. und Pierce, A.C. (1978), Mortality associated with declawing stone crabs, Menippe mercenaria, South Florida Research Center, Report T-552, S. 20 ff. [aufgerufen: Juni 2023]. 

8. Patterson, L., Dick, J.T.A. und Elwood, R.W. (2007), Physiological stress responses in the edible crab, Cancer pagurus, to the fishery practice of de-clawing, Marine Biology, 152(2), S.265–272 [aufgerufen: Juni 2023].

9. McCambridge, C., Dick, J.T.A. und Elwood, R.W. (2016), Effects of Autotomy Compared to Manual Declawing on Contests between Males for Females in the Edible Crab Cancer pagurus: Implications for Fishery Practice and Animal Welfare. Journal of Shellfish Research, 35(4), S.1037–1044 [aufgerufen: Juni 2023]. 

10. Villazon, L., Why are lobsters cooked alive and do they feel pain?, BBC Science Focus Magazine [aufgerufen: Juni 2023].

11. Elwood, R.W. und Appel, M. (2009), Pain experience in hermit crabs?, Animal Behaviour, 77(5), S.1243–1246 [aufgerufen: Juni 2023]. 

12. Magee, B. und Elwood, R.W. (2013), Shock avoidance by discrimination learning in the shore crab (Carcinus maenas) is consistent with a key criterion for pain, Journal of Experimental Biology, 216(3), S.353–358 [aufgerufen: Juni 2023].

Bereit für deinen Veganuary?

Veganuary motiviert und unterstützt Millionen von Menschen auf der ganzen Welt dabei, die pflanzliche Ernährung zu entdecken – im Januar und darüber hinaus. Bist du auch dabei?